Die Schützenhäuser des Fleckens Bodenteich |
Auf dieser Seite veröffentlichen wir den Artikel "Die Historische Seite - Die Schützenhäuser des Fleckens Bodenteich" , erschienen im Informationsblatt "Der Bodendiker", Ausgabe 77, Dezember 2019 bis Februar 2020, Seite 7 bis Seite 16.
Jetzt, nachdem nach jahrelangem Hin und Her das ehemalige Bodenteicher Schützenhaus nicht mehr als solches bezeichnet werden kann, mit Andrè Russ einen neuen Besitzer hat und jetzt studio21 heißt, lohnt einmal ein historischer Rückblick auf die Vorgängerhäuser an dieser Stelle.
Das Erste SchützenhausDie Geschichte des Bodenteicher Schützenhauses macht deutlich, wie sich die Ansprüche an solch ein Haus im Laufe der Generationen gewandelt haben. Sie macht aber auch den Wandel von materieller Not bis zum Wohlstand heutiger Taage bzw. gar zum Überfluss sichtbar. Das zweite SchützenhausDer neugewählte Rat des Fleckens beschloss am 15.10.1946, das Schützenhaus wieder aufzubauen. In der Folge war es indes ein sehr mühsamer Weg, der bis zum Neubau des zweiten Schützenhauses bewältigt werden musste.Viele Hindernisse waren zu überwinden, bis 1948 offiziell mit dem Neubau begonnen werden konnte. Noch gab es die Reichsmark, aber damit war kein Material zu beschaffen. Als dieses dann zur Verfügung stand, fehlte dem Flecken nach der Währungsunion die neue D-Mark. Immerhin zeitigten die angestrengten Bemühungen den Erfolg, dass die Bodenteicher Bürger mit 350 Handdienstleistungen und 80 Spanndiensten im Herbst 1948 das Fundament fertigstellen konnten. Außerdem wurden 185 Festmeter Bauholz aus dem Gemeindewald zur Verfügung gestellt. Eine Baugenehmigung allerdings war zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorhanden, so dass die Behörde den Bau vorerst stilllegte.
Das im Bau befindliche Gebäude kurz nach dem Richtfest im Jahre 1949 In dieser Notsituation wandte sich die Gemeinde an ihre Bürger und bildete mit ihnen am 30.6.1949 einen “Kulturverein Schützenhaus Bodenteich e.V.“. 53 Vereinsmitglieder stellten in den ersten drei Jahren ca. 11.000 DM zinsloses Darlehen für den Bau zur Verfügung, so dass auf dem fertigen Fundament endlich weitergebaut werden konnte. Die Maurer von Karl Klinger und die Zimmerleute von Wilhelm Trumpf, beide aus Lüder, und die Bodenteicher Handwerksmeister beeilten sich, sodass am 24.9.1949 das Richtfest gefeiert werden konnte und schon zwei Monate später, am 27.11.1949 – also vor genau 70 Jahren - konnte die feierliche Einweihung mit ca. 1.100 Teilnehmern stattfinden. In der Folge bemühte sich der Flecken – oft erfolglos – um den Erhalt eines Darlehens, um die Finanzierung zu stabilisieren. An diesem Tag wurde auch der Pachtvertrag mit Albert Brunhöfer von 2.200 DM Jahrespacht abgeschlossen. Mittlerweile waren für die Gemeinde Kosten von ca. 59.000 DM angelaufen, die durch die Finanzschwäche des Vereins nur teilweise beglichen werden konnte. Die Handwerker ließen daraufhin größere Teilbeträge ihrer Forderungen einige Jahre stehen. Erst 1954 war man in der Lage, den Außenputz für 2.153 DM von der Firma Kruse, Bodenteich, in Auftrag zu geben. Wie groß die Finanznot war, mag man daran ersehen, dass zum Außenputz auch die Vereinsmitglieder je 20 DM spendeten und dass Handwerkerforderungen bis 1956 nur in kleinen Teilbeträgen, verteilt auf sieben Jahre, geleistet werden konnten. ![]() König Hameister (USA, daneben Albert Brunhöfer)) mit der Jägerkompanie, dem Trommel- und Pfeifencorps und Offizieren der Gilde im Jahre 1953 vor dem noch unverputzten Schützenhaus. Maskerade, Kindermaskerade, Stiftungsfest Gesangverein, Osterball (vom TuS), Tanz in den Mai, drei Bälle zu Schützenfest, Landjugendball, Erntedankfestball, Feuerwehrball, Hubertusball, großer Weihnachtsball und Silvesterball. Dazu kamen noch diverse Bälle mit aktuellem Anlass, ferner Kulturveranstaltungen wie Operettenaufführungen, Lustspiele, Musikveranstaltungen und Aufführungen der Schule. Erinnert sei auch die schönen bunten Abende, die in den Sommermonaten einmal monatlich stattfanden. Das fertiggestellte Gebäude (noch ohne Gaststätten-Anbau) im Jahre 1960. Fertig in allen Bereichen war das Haus jedoch noch keineswegs. Die Verantwortung lag jetzt beim Flecken, der in der Zeit von 1963 bis 1970 noch folgende Verbesserungen, Ein- und Umbauten vornahm:
Ab 1957 erholten sich die Gemeindefinanzen allmählich, so dass die Vereinsmitglieder-Darlehen nach und nach zurückgezahlt werden konnten.
Das Haus erhielt immer mehr Zuspruch, nicht zuletzt durch die organisierten Veranstaltungen und Bälle, die zu dieser Zeit noch einen Überschuss erwirtschafteten - Gelder, die in die Finanzierung flossen. Das dritte SchützenhausDas dritte Schützenhaus wurde schon 1980/81 nach 30 Jahren in Angriff genommen. Es wurde festgestellt, dass das Haus im Gebälk mit Wurm befallen war; ob dies aber ein wirklicher Grund war, sei einmal dahingestellt und wurde schon damals verschiedentlich angezweifelt, denn wurmbefallene Häuser stehen oft weit über 100 Jahre und fallen auch nicht zusammen. Ein neues Dach (aus heutiger Sicht) und die ein oder andere Verschönerung hätte es auch getan. Sicherlich wäre damit ein größerer finanzieller Brocken auf die Gemeinde zugekommen, jedoch längst nicht so groß wie der geplante Neubau. Aber man wollte in dieser Zeit „hoch hinaus“. Ein in allen Bereichen komfortables Haus sollte es sein; es stand dem aufstrebenden Kurort wohl gut zu Gesicht. Wie dem auch sei: Was die Größe anbetrifft, ist man wohl etwas über das Ziel hinausgeschossen. Denn zu dieser Zeit war bereits ein leichter Rückgang bei dem Besuch der Bälle zu verzeichnen, der sich in den Folgejahren fortsetzte. Und so kam, was kommen musste: Das architektonisch (Architekt Schwirz, Bodenteich-Heide) recht harmonische und für weite Teile der Bevölkerung liebgewordene, vertraute Schützenhaus wurde abgerissen (bis auf den Gaststätten-Anbau, der im neuen Haus integriert wurde). Ein Neubau entstand an dieser Stelle. Die Gesamtkosten des Baues von über drei Mill. DM waren von Rat und Verwaltung nicht leicht zu verkraften, auch wenn der Landkreis über seine Beteiligung an der Kur-GmbH wirkungsvoll mitgeholfen hat. Am 15.5.1981 fand die Eröffnungsfeier mit vielen Gästen und allen Handwerkern statt. Auch das Musikcorps des BGS und die Jagdhornbläser umrahmten die Veranstaltung, als die Schlüsselübergabe durch Architekt Günther Gröhn erfolgte.
Leider war das Schützenhaus (nach dem Verkauf nunmehr Veranstaltungsgebäude "Studio21") aufgrund der behördlichen Einschränkungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 nicht nutzbar. Im Jahr 2022 schließlich konnte die Gilde zur Freude aller die Gildeversammlung und das Schützenfest im Studio21 durchführen und feiern. Am 19. November 2022 erhielten die Gildeschwestern, Gildebrüder und Bürger Bad Bodenteichs eine erschütternde Nachricht. Das Studio21 ist aufgrund eines Brandes vollständig zerstört wurden. Trotzdem die zur Brandbekämpfung alarmierten und herangeeilten Feuerwehren alles in ihrer Macht stehende unternommen hatten, war das im Vollbrand stehende Gebäude nicht zu retten. Ein Übergreifen der Flammen auf den unmittelbar angrenzenden Schießstand der Schützengilde Bodenteich konnte durch eine Brandwand sowie einen massiven Löschangriff verhindert werden. Die gesamte Brandstelle wurde durch die Polizei beschlagnahmt. Ermittlungen zur Brandursache dauern noch an. Laut Presse geht die Polizei von Brandstiftung aus. Angaben zum Verursacher enthielt der Bericht jedoch nicht. Durch den Brand ist der Schießstand nicht zu Schaden gekommen. Alle Räumlichkeiten sind unversehrt geblieben. Lediglich Löschwasser ist durch die Türen in den Schießstand gelaufen. Dieses war aber am nächsten Tag größtenteils schon durch die Entwässerung abgeflossen. Mit dem Löschwasser ist natürlich auch Ruß in den Schießstand gekommen. Dieser beschränkt sich aber nur auf den Fußboden und konnte mittlerweile auch entfernt werden. Sicher ist jedoch, dass der Schießstand seitdem weder über Wasser, Strom noch eine Heizung verfügt. All dieses wurde vom Studio 21 bereitgestellt. Für die Fortführung des Schießbetriebs müssen für die Zukunft zunächst Notlösungen gefunden werden.
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